Pierre Hadot Philosophie Als Lebensform

July 2, 2024, 1:16 am

Im Vorwort legt Pierre Hadot dar, dass das vorliegende Buch aus Kapiteln seines Buches Exercices spirituels et philosophie antique und aus von ihm gehaltenen Vorlesungen besteht. Es geht ihm in der vorliegenden Schrift darum, zu zeigen, dass die moderne Auffassung von Philosophie Schwierigkeiten dabei hat, die Philosophie der Antike in ihrer ursprünglichen Form zu verstehen. Heute legt man für gewöhnlich andere Maßstäbe an und beurteilt ein philosophisches Konzept nach der logischen Kohärenz. Dieser Ansatz muss im Angesicht der antiken Philosophien aber scheitern, da diese nicht als logisches System oder als abstraktes Gebilde konzipiert waren. Ihr Zweck war vielmehr die Bildung der Seele der Schüler; die Philosophie sollte dem praktischen Leben dienen. Philosophie als Lebensform - Ethik Heute. Um diesen Anspruch zu erfüllen, bediente man sich bestimmter geistiger Übungen wie der Meditation, der Gewissenserforschung und der Kontemplation der Natur. Als die Philosophie später zur Magd der Theologie wurde, übernahm die Religion diese geistigen Übungen und zurück blieb eine Philosophie, die auf den theoretischen Diskurs beschränkt war.

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Sie verstehen Philosophie als eine ars vivendi, eine Lebenskunst. Die dadurch verrichtete Arbeit an sich selbst dient als Bedingung, um politisch aktiv zu werden. Mithin versteht Radhakrishnan seine Philosophie nicht nur als ein Beitrag zum politischen Geschehen seiner Zeit, sondern übernimmt später selbst als 2. Präsident Indiens politische Verantwortung und wird so zu einer Art Philosophenk ö nig. Pierre hadot philosophie als lebensform 2019. Bei Gandhi wird die Verflechtung von der Sorge um sich selbst und dem politischen Wirken noch ersichtlicher. Gandhi ist der bessere Alkibiades. Denn Gandhi betreibt durch verschiedene Exerzitien, wie Fasten oder philosophische Introspektion, immerfort die Erforschung seiner eigenen Seele mit dem Ziel, die durch seine Selbsttransformation erlangte Erkenntnis des Wahren und Guten in sein politisches Handeln zu integrieren. Man kann also das – was Foucault in Bezug auf Alkibiades schreibt und auf viele der heutigen Politiker nicht zutrifft – spiegelbildlich auf Gandhi anwenden: "Das » Sich-um-sich-selbst-Sorgen « ist im Willen des Individuums, politische Macht über andere auszuüben, enthalten und leitet sich daraus ab.

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Obzwar Hadot erst spät erkannte, dass man die Philosophie als Lebensform auch in nicht-europäischen Philosophietraditionen vorfindet, kann man offensichtlich viele indische (und andere) Denkschulen als philosophische Lebensformen verstehen, welche die Sorge um sich als festen Bestandteil haben. Diese Philosophien umspannen das ganze Leben, wirken mit Hilfe von spirituellen Übungen therapeutisch und beabsichtigen, die Übenden zu freieren, gegenwärtigeren, weniger leidenden, selbstloseren, gezügelteren wie ethischeren und damit glückseligeren Personen zu transformieren. Philosophie als lebensform von hadot - ZVAB. Dementsprechend ist bei den allermeisten indischen Philosophien das Leiden der Ausgangspunkt. Um dieses Leiden zu überwinden, werden verschiedene Methoden vorgeschlagen, sei es Meditation, Kontemplation oder das Handeln an sich. Auch hier ist das Ziel eine ganzheitliche Transformation, ein Zustand der Befreiung, der in einer Glückseligkeit mündet. Aber auch die anderen von Hadot genannten Aspekte findet man hier wieder. So spielt das Ethische, etwa die Gewaltlosigkeit, eine gewichtige Rolle.

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Diese Transformation wird dadurch erwirkt, dass das Philosophieren sich nicht bloß auf die Theorie fokussiert, sondern einen starken praktischen Charakter bekommt. Das bedeutet, dass sie sich im Alltag bemerkbar macht, etwa durch unsere Lebensvollzüge und Sichtweisen. Philosophie im Dienst des guten Lebens Die Philosophie als Lebensform verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Pierre hadot philosophie als lebensform 2020. Das macht sich unter anderem darin bemerkbar, dass sie geistige Exerzitien oder Übungen gebraucht, die moralische, psychische, ethische, seelische und intellektuelle Aspekte miteinbeziehen. Solche Übungen, welche auf die permanente Veränderung des Habitus abzielen, k ö nnen asketische, meditativ-kontemplative, schreibende, lesende, dialogische und andere Formen annehmen. Dabei macht es sich dieses therapeutische Philosophieren unter anderem zur Aufgabe, das Urteilen, Streben und die falschen Begehren zu bändigen, um so freier, gelassener, gegenwärtiger, objektiver und wachsamer zu werden. Anders gesagt: um seinen Mitmenschen und sich selbst ein besseres Leben zu erm ö glichen.

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Man kann die anderen nicht gut führen, man kann seine Privilegien nicht in politisches Handeln, in rationales Handeln verwandeln, wenn man sich zuvor nicht um sich selbst gesorgt hat. " Mehr zum Thema Lebenskunst auf Ethik heute Foto: privat Krisha Kops ist Philosoph und Publizist. Pierre hadot philosophie als lebensform 1. Er studierte Philosophie und internationalen Journalismus in London, bevor er in interkultureller Philosophie promovierte. Neben seiner theoretischen Arbeit verantwortet er im Rahmen seiner praktischen philosophischen Tätigkeit die Geschäftsführung von.

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Aber genau diese Erfahrung wird schon in der vorchristlichen griechischen Philosophie zum Inhalt einer rationalen Reflexion. Dementsprechend oszilliert der Begriff einer theologia mystica zwischen unmittelbarem Erleben und systematischer Beiträgen von Rolf Darge, Lioba Fau OSB, Paul D. Hellmeier OP, Johannes Herzgsell SJ, William J. Philosophie als Lebensform - Pierre Hadots Wege zur Weisheit und der Kyniker Diogenes : literaturkritik.de. Hoye, Johann Kreuzer, Isabelle Mandrella, Johannes Schaber OSB, Christian Schäfer, Peter Sloterdijk, Wolfgang Speyer und Martin Thurner.

Das Ziel des Stoikers ist es, bewusst und frei zu leben – er will sich bewusst als Teil des Kosmos empfinden und frei von Begehrlichkeiten leben, die er nicht steuern kann. Die Philosophie dient aber auch den Epikureern als Therapie der Leidenschaften. Sie wollen zu den einfachen Freuden zurückkehren, wollen nichts fürchten, was sie ohnehin nicht abwenden können und nichts begehren, das sie nicht erreichen können. Denn das Streben und das Fürchten beraubt einem der Freude am Dasein, wenn sie sich auf Dinge beziehen, die außerhalb unseres Machtbereichs liegen. Der Epikureismus will zeigen, dass die Götter keinen Einfluss haben und der Tod kein Bestandteil des Lebens ist, darum braucht man sich nicht vor ihnen zu fürchten. Auch sind natürliche und notwendige Bedürfnisse problemlos zu befriedigen, wohingegen man sich von Bedürfnissen befreien sollte, die weder natürlich noch notwendig sind. Auch hierbei sollen geistige Übungen helfen, um die Grunddogmen des Epikureismus stets parat zu haben.

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