Weshalb sich der Zombie-Chor in lottriger Groteskkarnevalsverkleidung erstmal erschossen zum Singen niederlegt. Im gleichen Kabinett hausen – auch Anstaltsinsassinnen? – ebenfalls Agathe (verhaut kurzatmig ihr erste hohes H und wird stetig intonationsschwächer: Margrethe Fredheim) und Ännchen (hochdramatische Soubrette: Emma McNairy). Freischütz wien kritik abgesetzt. Beide mögen sich fast mehr als die Männer, jedenfalls laufen da mit Kinky Rubberboots und Gummimetzgerschürzen irgendwelche Fetischspiele samt neckischer Statisten-Peitscherei. Agathe träge blauen Bubikopf und später die Konkursmasse aus Martha Mödls pleitegangener Nerzzucht am Leib, Ännchen gefällt sich als böse Fee Malefitz mit Kissinger Hörnchen-Zopfgebinde. Alle hübsch großstadtschrill verkleidet, aber darin stecken deutsche Stadttheatersänger, die solches vor allem darstellerisch in keiner Weise ausfüllen. Und von der Regie alleingelassen werden bei dürftig woke-aktualisierten (vermutlich, es offenbart sich kein Autor, vom Dramaturgen Till Briegleb), übelst durchhängenden Dialogen.
Auf dass dereinst gesagt werden möge: Habemus bonum regissorem. Werbung
Ein wenig Ehrenrettung soll aber sein: Zugegeben sei, dass der "Freischütz" zumal für heutige Regisseure und Bühnenbildner eine enorme Herausforderung darstellt. Das schaut so leicht aus: "volkstümlich" zu sein. Aber wie alle romantischen Opern des frühen 19. Jahrhunderts wird ihnen der Boden unter den Füßen ziemlich ungemütlich. Sie können einfach damit nicht umgehen. Die frühe Romantik hatte noch kein Rezept für die Verzahnung von Musik, Text und Dramatizität. Die Musik mag einnehmend sein; es ist das Singspielhafte, das Bleigewicht des gesprochenen Textes, und das oft Konstruierte der Handlung, das all diesen Opern eine gewisse Steifheit verleiht, die allzu leicht in Fadesse umschlagen kann. Eine gewisse Ausnahme ist Mozarts "Entführung", was vor allem an der "Entmusikalisierung" des Bassa Selim liegt. Weber entgeht dem, was man die "Singspielfalle" nennen könnte, nicht. Nachtkritik: "Freischütz": Leicht entflammbare Künstlerseele | Kleine Zeitung. Im Finale schrammt er hart am Kitsch vorbei. Die Moral von der G'schicht kann nur von einem Deus ex machina, dem Eremiten ins Stück geholt werden.