Sophie Becker Spielart

June 30, 2024, 11:51 am

Und für mich war der Punkt erreicht, wo ich gemerkt habe, dass ich in bestimmten Debatten einfach nicht mehr so drin bin und mich lieber in eine passivere Rolle begeben möchte. Und jetzt werden Sie Privatier und betreuen Ihren Schrebergarten? Ich habe keinen Schrebergarten. Der Verein Spielmotor macht ja drei Festivals: die Musik-Biennale, Dance und Spielart. Da habe ich einige Aufgaben, werde aber meine Arbeitszeit vielleicht halbieren. Gibt es eine Performance, an der Ihre Herzen hängen? SOPHIE BECKER: Mein Herz hängt jeden Tag an etwas anderem. SPIELART – Das Buch zum Festival – Spielart Blog. Was man nicht unterschätzen sollte, sind die drei Performances von Nástio Mosquito, die zu später Stunde im Boxkeller MTV (26. 10., ab 23. 30 Uhr), im Festivalzentrum (27. 10, ab 23 Uhr) und im Harry Klein (28. 10., ab 22 Uhr) stattfinden. Das ist kein lustiges Nachtprogramm, sondern er ist wirklich ein unglaublich starker Performer. Herr Mosquito singt Karaoke. Werden Sie mitsingen? SOPHIE BECKER: Ne…Til, du? TILMANN BROSZAT: Ich schon gar nicht.

Sophie Becker &Ndash; Personen &Ndash; Semperoper Dresden

Es gab bei Mamela Nyamza eine Situation, als sie in ihrer Rolle als Priesterin ins Publikum rief und eine Antwort erwartete. Bei der zweiten Vorstellung haben andere Performer ein "Amen" zurückgerufen und wurden sofort von deutschen Zuschauern diszipliniert: Sie sollen ruhig sein, man sei hier im Theater. Gerade deshalb haben wir jetzt einige Arbeiten, die die Rolle des Zuschauers in den Blick nehmen. Dazu gehören die afrikanischen Rituale? SOPHIE BECKER: Ja, aber auch "And On The Thousandth Night" von Forced Entertainment am Ende des Festivals (8. 11., ab 19 Uhr, Muffathalle). Das ist eine Performance, die sechs Stunden dauert. Allein durch die Dauer wird das Publikum in eine ganz andere Rezeptionshaltung versetzt. Sophie Becker – Personen – Semperoper Dresden. TILMANN BROSZAT: Gerade bei einer Durational-Performance findet eine Gemeinschaftsbildung statt. Wir hatten mal eine 24-Stunden-Vorstellung von Forced Entertainment, wo die Leute zwischendurch einige Stunden schliefen, während die gespielt haben, und gemeinsam wach wurden. Forced Entertainment als alte Festivalbekannte sind wohl Teil Ihres Abschlussrituals?

Karrieren: Theaterakademie

Ob "daheim" oder "in der Welt": Die Theaterszene erscheint uns weiterhin hochgradig politisiert – wenig überraschend angesichts der jüngsten globalen Entwicklungen. Ging es allerdings in den letzten Jahren vor allem darum, in Konfrontation zu einer als untätig empfundenen Politik klare, "artivistische" Positionen zu beziehen, haben sich die Vorzeichen nun geändert. Die einfachen – um nicht zu sagen: vereinfachenden – Aussagen eines neuen Politikertypus' sind nicht mehr zu übertreffen. Als Reaktion darauf findet das Theater zu Reflexion und Komplexität zurück. Karrieren: Theaterakademie. Damit einher geht die Auseinandersetzung mit Geschichte und Traditionen. Nicht als Mittel der Selbstvergewisserung, sondern, im Gegenteil, mit dem Wunsch zu verstehen: Wie sind die historischen Narrationen entstanden, die schlussendlich zu der derzeitigen ungerechten Weltordnung führten? Hansol Yoon thematisiert den hierzulande weiterhin fast unbekannten Koreakrieg, Ho Tzu Nuyen hinterfragt die "Gründung" Singapurs und Sethembile Msezane beschäftigt sich mit der 1955 verfassten Freedom Charter, einem der wichtigsten Dokumente der Anti-Apartheid-Bewegung.

Spielart – Das Buch Zum Festival – Spielart Blog

Ausgehend von den Prozessakten entwirft Chipaumire mittels eines inszenierten Konzerts Anklage und die Idee kultureller Selbstbestimmung, mit irrsinniger Wucht. In einem Raum prangt ein Foto der Aufständischen an der Wand, im anderen ein Bild der Berliner Konferenz, bei der 1884 die Reste Afrikas unter den europäischen Mächten verschachert wurde. Und in beiden Räumen hallt der Zorn nach: "Pay us for the harm you have caused us. " Bezahlt für das, was ihr uns angetan habt. Nach 13 Produktionen in den ersten sieben Festivaltagen gibt es keinerlei Chance, auch nur annähernd die Fülle des Angebots wiederzugeben. Erstaunlich ist: Eine einzige Aufführung ist Mist. Die anderen sind entweder brillant, wie etwa "Madama Butterfly" von Satoko Ichihara, die die Motive von Puccinis Oper ins Japan der Gegenwart überträgt. Andere sind ungemein erhellend oder auch gänzlich anrührend wie das Solo von Sorour Darabi, einem trans Menschen aus Iran, der mit zerbrechlicher Schonungslosigkeit das Dilemma schildert, normal wahrgenommen werden zu wollen, aber stets sich entscheiden muss zwischen seinem Sein, dem Spiel mit diesem und dem Reden darüber.

Das Theaterfestival "Spielart" in München ist internationaler denn je. Welche Wohltat. Während die Musik weiterläuft, als wäre sie ein einziger, nie endender Song, während die Musiker ihre traditionellen Instrumente und auch eine E-Gitarre mit stoischer Virtuosität bedienen, während alle und vor allem die beiden Frauen in diesem schwarzen Ensemble in schillerenden Farben singen, schreitet der weiße Mann durch den Raum. Er trägt eine Frackjacke und Stiefel, ansonsten ist er nackt. Peter van Heerden ist in diesem Moment blanke Irritation, ist Macht und Gewalt, ein Fremdkörper. Er geht in den Nebenraum, welcher ebenso voll mit Publikum ist, zieht das Gerüst eines Reifrocks an, schminkt sich das Gesicht weiß, setzt eine höfische Perücke auf, wird vollends zum Popanz, ist in diesem Moment Richter, Queen Victoria und Cecil Rhodes, der die Gegend, die nach ihm als Kolonialstaat Rhodesien hieß und heute Simbabwe ist, unterjochte. Mit huldvoller Geste wendet er sich zum Publikum, singt, sehr falsch, "God save the Queen", und Nora Chipaumire starrt ihn an, ungerührt, aber mit brodelnder Wut in ihrem Inneren.

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