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June 30, 2024, 12:14 am

Köln - "Ich werde keinen Trost finden": Diese bittere Erkenntnis bleibt dem jungen Biogenetiker Eitan nach dem tragischen Ende von Wajdi Mouawads Stück "Vögel". Der Sohn jüdischer Eltern hat es selbst ausgelöst, als er sich in die arabische Doktorandin Wahida verliebte, dabei auf einen Neuanfang in Liebe und Vergebung hoffte. Er hatte die Rechnung ohne die Geschichte gemacht. Mit "Vögel" läutete Stefan Bachmann vor zwei Jahren die Spielzeit am Schauspiel Köln ein, nun liefert er zur Eröffnung der Saison 21/22 mit Lessings "Nathan der Weise" die Hintergrund-Geschichte nach. Mit dickem Trauerrand Wir befinden uns immer noch in Jerusalem, nur 800 Jahre früher. Das Ensemble ist noch dasselbe, die Kulissen ebenfalls: Stühle und Tische aus Metall und Glas vor Vorhängen aus halbdurchsichtigen Plastiklamellen, als Filmbild kadriert von einem schwarzen Rahmen, der als dicker Trauerrand doubelt. Erneut ruft Alexander Angeletta (er hatte in der Filmfassung die Rolle des Eitan von Nikolay Sidorenko übernommen) aus: "Ich werde keinen Trost finden! "

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von Edward Albee Mi 29 "Wer hat Angst vor Virginia Wolf? " Do 30 Fr 1 Sa 2 So 3 20. 00 Uhr

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Theater Das sagt der/die Veranstalter:in: Lessings Aufklärungsdrama eröffnet mit einem dystopischen Szenario: Als der jüdische Kaufmann Nathan von einer Reise zurückkehrt, liegt sein Haus nach einem Feuer in Asche. Seine Tochter Recha konnte den Flammen dank der Hilfe eines christlichen Tempelherrn entkommen. Die politische Situation im 12. Jahrhundert in Jerusalem ist angespannt, der im Zuge des Dritten Kreuzzugs ausgehandelte Waffenstillstand droht zu kippen. Vertreter*innen des Christentums, Judentums und des Islam stehen sich gegenüber, scheinen unvereinbar in der Frage nach der »wahren Religion«. Nathan versucht, mit der Ringparabel darauf eine versöhnliche Antwort zu finden. Sie ist ein Plädoyer für Toleranz, Humanität und ein friedliches Miteinander – und hat über 240 Jahre nach der Entstehung des Dramas nicht an Aktualität eingebüßt. Sie weist Parallelen zur Legende des Amphibienvogels aus Wajdi Mouawads Stück VÖGEL auf, das Stefan Bachmann 2019 viersprachig inszenierte. Nun setzt er die Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Identität und Religion vor dem Hintergrund familiärer Beziehungen fort.

Der moralischen Quintessenz des Dramas bleibt die Regisseurin ohnehin stets auf der Spur. So behält etwa Nathans Bekenntnis "Und doch ist Gott" seine ganze schicksalhafte Schwere. Eine wunderbar bewältigte Gratwanderung der Inszenierung. Die vier Darsteller (mit großer Ausstrahlung Charles Ripley, Lara Pietjou, Evelyn Tzortzakis, Makke Schneider) schlüpfen in verschiedene Rollen und treten aus diesen immer wieder auch heraus. Ostentatives Spiel ins Publikum hinein führt gleichfalls zu reizvollen theatralischen Brechungen. Das Verfahren ähnelt jenem von Der Verschollene im "Keller-Theater" (Rezension hier), nur dass sich dort die Mittel verselbstständigen und dabei den Autor aus den Augen verlieren. Die Nathan -Ausstattung Cordula Körbers befördert die Leichtigkeit der Inszenierung. Der Boden ist mit goldenen Staniolschnipseln bedeckt: ein sehr dekorativer Einfall, aber auch von symbolischer Kraft, wenn beispielsweise Blätter in die Ring-Parabel einbezogen werden. In mittiger Höhe befinden sich auf den Brandmauern Papierbespannungen, auf denen die komplizierte Familiengeschichte des Stücks in lockerer Weise wie mit Kinderhand aufgezeichnet wird.

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