Josef Winkler: Leichnam, Seine Familie Belauernd - Perlentaucher

July 2, 2024, 11:14 am

Und über das böse Bild österreichischer Hare Krishna-Leute findet auch das moderne Österreich in diese indische Szene. Nein, Winkler spart nicht aus, was ihm schon bisher wichtig war. Eher führt der Familienzuwachs zu einer Erweiterung, die auch sanfteren, komischeren Tönen Raum gibt. Und einer formalen Gelassenheit, die in dieser Prosa um nicht wenige Leichen lapidare Notizen neben literarisch dichten Passagen stehen lässt. Nicht weniges deutet auf eine wachsende Souveränität im Umgang mit den bekannten Stoffen. Josef Winklers nächster Roman dürfte interessant werden. HANS-PETER KUNISCH JOSEF WINKLER: Leichnam, seine Familie belauernd. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003. 147 Seiten, 7 Euro. SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München Jegliche Veröffentlichung exklusiv über …mehr

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#1 Titel: Leichnam, seine Familie belauernd Autor: Josef Winkler Verlag: Suhrkamp Erschienen: Juni 2003 Seitenzahl: 147 ISBN-10: 3518124420 ISBN-13: 978-3518124420 Preis: 7. 00 EUR Josef Winkler wurde 1953 in Kamering in Kärnten geboren und lebt in Klagenfurt. In diesem Jahr erhielt er den Georg-Büchner-Preis. Leider zieht man bei Josef Winkler immer wieder vergleichend Thomas Bernhard heran und tut dem Winkler damit bitter Unrecht. Winkler und Bernhard schreiben so unterschiedlich wie Tag und Nacht und zwischen ihnen einen Qualitätsvergleich zu ziehen ist zutiefst unredlich. In seiner Sammlung mit kleinen Prosatexten "Leichnam, seine Familie belauernd" zeigt sich Winkler als wahrer Meister der literarischen Miniaturen. Seine Texte sind beeindruckend und hinterlassen durchaus Spuren beim Betrachter. Jeder muss für sich entscheiden ob er diese Texte in einem Zug durchliest oder ob er sie in einzelnen Portionshäppchen genießt; beides ist möglich. Die Texte sind teils sehr poetisch und in stilistischer Hinsicht wahre Meisterwerke.

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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05. 08. 2003 Ich blute nicht bei jedem Satz Neue Prosa von Josef Winkler: Leichnam, seine Familie belauernd In seiner abgegriffenen Ledertasche trägt Josef Winkler am liebsten Bücher mit sich herum, "die ich mühsam entziffern, Satz für Satz erobern muss, denn sobald mich die Sätze in einem Buch beim Lesen mitzutragen beginnen", sobald er "zu genießen beginne", höre er "zu lesen auf. Wenn sich mir ein Satz nicht wie ein Mühlstein um den Hals hängt, wozu soll ich ihn dann loswerden? " Der letzte Halbsatz verblüfft. Und heißt doch nur: Nicht schreiben, um etwas loszuwerden, sondern eben lesen. Letzteres erhält damit eine neue Wichtigkeit, ohne dass das Schreiben einfacher würde: "Nein, nein, ich blute nicht bei jedem Satz, ganz im Gegenteil, die Blutzufuhr kommt erst in Gang, wenn ich den Satz zwanzigmal bearbeitet habe und erst danach das Gefühl bekomme, jetzt ist er es wert, umformuliert oder zerstört zu werden. " Winklers sprachliche Sorgfalt zeigt sich schon im preziösen Titel des schmalen, in der Edition Suhrkamp erschienenen Bandes "Leichnam, seine Familie belauernd", in dem das Wort Familie – für diesen Autor – überraschende Konturen erhält: Es geht nicht ausschließlich um die weihrauch- und blutgeschwängerte Jugend im katholischen Dorf, nicht nur um den bäuerlichen Vater, der beim Fronleichnamszug "die blaue Laterne, nie den Himmel tragen" durfte oder um den "pferdeflankenbreiten, weißen Arsch" der Großmutter.

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Der Bilderkosmos, den Winkler in "Leichnam, seine Familie belauernd" entwirft, ist uns bestens aus seinen bisherigen Büchern vertraut. Winklers Erfahrungshorizont, den er bereits dort offenbart, wird kaum erweitert. Vielmehr scheint der Autor in seinen bereits vollgeschriebenen Notizbüchern geblättert zu haben, um altes Material für ein neues Buch verwerten zu können. Die sprachlichen Totgeburten seiner früheren Texte werden mit dem Skalpell der Sprache von Neuem seziert, die Sätze der Textleichen vielleicht zum einundzwanzigsten Mal umformuliert (und nicht zerstört), bis sie mit neuen Metaphern versehen aus dem Lotosblütenteich geborgen, auf schmucke Totenpölsterchen, hundsveilchenviolett, gebettet und mit Lourdes Weihwassertropfen besprengt werden können. Wären Winklers Tote, diese verfluchten Toten, nicht so kunstvoll beschrieben, seine nekrophilen Hymnen, in denen die Räume der Todessehnsucht zu Orten der Liebe erklärt werden, nicht so schön zu lesen, dann würde man Winkler folgenden Ausruf, den er auf dem römischen Markt auf der Piazza Vittorio Emanuele aufgeschnappt hat, am liebsten selbst entgegen schleudern.

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Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2003. 156 S. ; brosch. ; Eur[A] 7, 20. ISBN 3-518-12442-0. Link zur Leseprobe Dort wo du bist, dort ist der Tod! - Das beweist Josef Winkler allemal mit seinem neuen Buch "Leichnam, seine Familie belauernd", einer Sammlung von an die achtzig Prosaminiaturen, in denen er wieder einmal mit voyeuristischem Blick, aber auch selbstentblößend dem Tod auf der Spur ist. Das mag nicht verwundern, denn in den letzten zwanzig Jahren, in denen wir Winkler literarisch begegnen durften, hatte er das nur allzu deutlich zum Ausdruck gebracht: "Bei den Toten bin ich gerne, sie tun mir nichts und sind auch Menschen" (S. 45). Wiederum ist Winkler als Knochensammler unterwegs, gräbt mit jeder seiner Geschichten neue Leichenteile aus und setzt schließlich die sterblichen Überreste zu einem Textkörper zusammen, den er in/als "Leichnam, seine Familie belauernd" kunstvoll aufgebahrt präsentiert. Winklers Totentanz wird mit einem klappernden Knochengerüst aus dem Naturgeschichteunterricht eröffnet, vor dem der Erzähler aus Angst erstarrt, weil er dem leibhaftigen Tod gegenüber zu stehen meint.

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Seit sein Sohn auf der Welt sei, "gehe ich kaum noch auf Friedhöfe, verlangsame auch nicht mehr meine Schritte, wenn ich am offenen Tor einer Leichenhalle vorbeigehe, besuche keine Kindergräber mehr. " Nur das Klagenfurter Grab Julien Greens besucht Winkler noch immer, mit Sohn, der sein Micky-Maus-Feuerzeug zum Kerzenanzünden verwendet. Aber hat die Aufnahme des Nachwuchses in den Text (die Frau bleibt ungenannt) Auswirkungen auf das autobiographisch geprägte Schreiben Winklers? Auf den ersten Blick kaum. Das Erzähler-Ich folgt in einer der knappen, eine bis fünfzehn Seiten langen Geschichten nach wie vor einem schwarzen Jungen auf ein Klo am Bahnhof Zoo, wird anschließend ausgenommen, schwört sich, nie mehr mitzugehen und deutet gleichzeitig ein neues Erlebnis an. Auch die spießerferne Todesseligkeit, das Friedhofshafte von Winklers Schreiben bleibt in jenen Passagen, die sich nicht explizit auf den Sohn beziehen, erhalten. Gerade in den indischen Geschichten, die es auch im neuen Buch gibt.

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