Republik Freies Wendland Aufkleber

June 29, 2024, 5:36 am
Polizisten zerren demonstrierende Männer und Frauen aus der Menge und laden sie auf der anderen Seite der Absperrungen wieder ab. Riesige Bulldozer walzen die Hütten platt. In die Wut über die Räumung mischen sich Tränen. Günter Zint, der die kurze Geschichte der Republik Freies Wendland in einem Bildband dokumentiert hat, beobachtet aus dem Fenster einer Hütte den Aufmarsch der Polizei. Sekunden nachdem er das Gebäude verlässt, rammt ein Raupenfahrzeug den Bau. Die Hütte fällt in sich zusammen. "Reine Glückssache, dass ich das überlebt habe", sagt er. "Das Antiatomdorf war nicht allein gegen die tödliche Atomenergie gerichtet, sondern Symbol neuer Lebensweise überhaupt", schreibt am folgenden Tag der Gewerkschafter und Atomkraftgegner Heinz Brandt. Die Zeit widmet der Republik Freies Wendland einen langen Artikel: "Was da in Klein-Utopia einstürzte, war die Architektur einer Welt ohne Hiroshima", steht darin. Das Hüttendorf wurde zerstört. Die Republik Freies Wendland aber lebte fort.
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Vor 40 Jahren besetzten Anti-AKW-Aktivisten im Wendland eine Lichtung und riefen die "Republik Freies Wendland" aus. Eine Mikronation, die bis heute Bürger hat – und mit den heutigen Fantasiestaaten rechter Couleur nicht gleichzusetzen ist Mit Pali-Feudel und Ostfriesen­nerz gegen die Räumung. Der Schlagbaum machte klar: Hier hat die BRD nichts zu melden Fotos: localpics/Imago Von Jean-Philipp Baeck Es muss irgendwann Anfang der Nullerjahre gewesen sein, als ich im Publikum in der voll besetzten Kesselhalle des Bremer Kulturzentrums Schlachthof drei Männern auf dem Podium gelauscht und zum ersten Mal davon gehörte habe: von der "Republik Freies Wendland". Die Aktivisten auf der Bühne erläuterten den Plan, den bevorstehenden Castortransport nach Gorleben zu blockieren. Sie waren langhaarig und trugen Schlabberklamotten – zumindest in der Erinnerung, die sich im Nachhinein mit Klischees angereichert haben mag (ganz sicher waren sie nicht adrett gekleidet und noch sicherer trugen sie keine Anzüge).

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Erst, wenn ein Dokument den Anschein erwecke, Hoheitszeichen eines echten Staates zu sein, werde es illegal. Andere Regeln gelten aber beispielsweise in Bezug auf das Überkleben des EU-Wappens auf Nummernschildern, wie es im Wendland mit dem eigenen Republik-Wappen zu beobachten war. Offiziell entspricht das Kraftfahrzeug damit laut Fahrzeug-Zulassungsverordnung nicht mehr den gesetzlichen Bestimmungen und müsste stillgelegt werden. All das war den protesterprobten Wendländern natürlich egal. So differenziert ausformuliert allerdings sind diese Bestimmungen heute, weil die Ausrufung eigener Fantasiestaaten in den letzten Jahren eine Hochkonjunktur erlebte – allerdings von rechts. Behörden haben es mittlerweile regelmäßig mit sogenannten Reichsbürgern zu tun, meist, wenn die sich weigern, Steuern oder Abgaben an die Bundesrepublik zu zahlen. Reichsbürger ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe, unter denen unterschiedliche rechte Steuerschuldner, Selbstverwalter und Verschwörungsideologen zusammengefasst werden, die alle gemeinsam haben, dass sie die Bundesrepublik nicht akzeptieren.

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Zwischen dem 6. und 8. November wird der 12. Castor-Transport im Wendland erwartet. Das Problem: Hier geht es nicht um einen Bahnhof, sondern um hoch radioaktiven Atommüll, den will bei aller Solidarität kaum jemand in seiner Nähe haben. Röntgens Mutter Diete Hansl betont: "Ich werde auch demonstrieren gehen, aber nicht in der Schusslinie. " Ihre Tür will die adrette Frau für Demonstranten öffnen. Nach 30 Jahren sei das Misstrauen in der Region sehr groß, ob Gorleben als Endlager geeignet sein könnte. Ihr Sohn findet eine europäische Lösung für ein Endlager sinnvoll, am besten in einer unbewohnten Region. Beide eint die Sorge, dass die Bundesregierung angesichts der 33 Jahre dauernden Diskussion und mangels Alternativen Gorleben durchdrücken will – auch die Atomindustrie macht Druck, weil sie 1, 5 Milliarden Euro investiert hat und ungern weitere Milliarden für eine neue Suche ausgeben will. 1976 kam Röntgens Familie aus Düsseldorf ins Wendland, das damals im Zonenrandgebiet zur DDR lag.

Die Chance, einen Wolf in flagranti zu erwischen, dürfte auch recht gering sein. Wir befinden uns am Rande der Göhrde, einem Waldgebiet zwischen der Lüneburger Heide im Westen und der Elbe im Osten. Das größte zusammenhängende Mischwaldgebiet Norddeutschlands. 75 Quadratkilometer sattes, üppiges Grün. Nur 700 Menschen wohnen hier. Dafür neben dem Wolf jede Menge Damwild, Rotwild, Schwarzwild und europäische Mufflons. Bereits in der Jungsteinzeit, als der Mensch vom Jäger- und Sammler zum sesshaften Bauern wurde, war der Landstrich hier besiedelt. Später kamen dann die Grafen, Herzöge, Kurfürsten, dann die hannoverschen Könige im Sommer mit dem gesamten Hofstaat in die Göhrde zum Jagen. Und am Rande des großen Forsts liegt "Kenners Landlust". Der Name ist Programm. Das Ehepaar Kenny und Barbara Kenner haben sich hier einen Lebenstraum erfüllt. Sie haben einen alten Bauernhof zu einem Biohotel umgebaut. Baubiologisch renoviert, energiewirtschaftlich auf Vordermann gebracht (es ist das erste klimaneutrale Hotel in Niedersachsen) und die Küche wird von Bioland empfohlen.

Ein Staat, so meinte der italienische Philosoph Antonio Gramsci, sei "Hegemonie, gepanzert mit Zwang". Der Marxist betont demnach das Gewaltmonopol und die staatliche Befähigung, dieses durchzusetzen. Klar: Das war die Sache der Umweltaktivisten nicht. Der Bremer Historiker Moritz Zeiler, Autor einer Einführung in die materialistische Staatskritik, weist aber darauf hin, dass bei Gramscis Staatsdefinition neben der Repression auch die Legitimation von Herrschaft wichtig sei. "Das meint eine Bejahung und Duldung des Staates sowohl von innen wie auch von außen", erklärt Zeiler. Für einen Staat reicht es also nicht, dass sich ein paar Hippies im Wendland Pässe drucken und als poten­zielles Staatsvolk die selbst gegebenen Regeln akzeptieren. Aber: Die Akzeptanz nach innen ist durchaus ein Anfang. Gleichwohl fehlte – das wurde spätestens mit der Räumung klar – ein Mindestmaß an äußerer Akzeptanz für den Wendland-Staat. Diplomatische Beziehungen: Fehlanzeige. Obwohl nach der Räumung in einigen Städten immerhin "Botschaften" der Republik entstanden – ein Jahr lang wurde unter diesem Motto eine Besetzung samt Hütte am Bremer Kennedy-Platz geduldet und über den "Bretterbudenstaat" debattiert, wie ihn der Weser-Kurier nannte.

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