Das Geschriebene Wort

May 20, 2024, 12:23 pm
Das geschriebene Wort hat eins seiner Schäfchen nach Hause geholt. Pacemakers & Peacemakers – Das geschriebene Wort. Nachdem der Dauerkonsum von digitalen Häppchen meine Aufmerksamkeitsspanne auf die eines Goldfischs geschrumpft hatte (und ich nur noch Nachrichtenportale und Videospielzeitschriften konsumieren konnte), hatte ich jetzt meinen Durchbruch und innerhalb von drei Wochen fünf Bücher weggelesen. Doch alles hat seinen Preis: der Schock in der Buchhandlung, als ich vorletzte Woche ein Buch gekauft habe. Gefühlte zwölf Regalmeter mit Krimitrilogien, deren Autorennamen mindestens ein "ø" und ein "å" enthalten, direkt hinter dem Eingang, und ich völlig unvorbereitet wie am ersten Tag nach der Haftentlassung, wenn man begreift, dass man Telefone jetzt ohne Hörer, ohne Kabel und ohne Wählscheibe ans Ohr hält – in Weiß statt Farngrün. Mein latent bockiger Wesenszug hatte mich stets gezwungen, literarisch doof zu finden, was die Masse mag (weswegen ich Harry Potter und Twilight boykottieren musste – und als Frauenkram Herdentrieb abgetan habe), doch was den Krimitrend betrifft, habe ich zu Beginn sogar versucht mitzuhalten, und Verblödung, Vernichtung und Vermehrung gelesen.

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Man kann nebenbei tippen, man kann Worte beim Tippen wieder löschen und die Nachricht tausend mal umformulieren. Bei einem Brief ist das anders. Man muss sich bewusst Zeit dafür nehmen. Und das ist bereits etwas, das in unserer heutigen Welt mehr wert ist als alle Emojis und Selfies zusammen. Man muss sich Papier und Stift nehmen und sich Gedanken machen, was man schreiben möchte. Denn wenn man sich verschreibt oder etwas ändern will, darf man von vorne anfangen. Die Worte müssen gut gewählt werden, denn hier gibt es weder einen Affen der sich die Augen zuhält, noch ein GIF von einer süßen Katze. Das geschriebene wort in english. Hier gibt es nur dich. Ungefiltert. Echt. Wenn man sich dann die Mühe gemacht hat und seine halbwegs sortierten Gedanken leserlich aufgeschrieben hat, ist es aber noch nicht vorbei. Es braucht die Adresse des anderen und man muss seine eigene ebenfalls auf den Umschlag schreiben. Tschüss, Anonymität des Internets. Und dann muss man sogar noch 60 Cent Porto bezahlen. Eine ungeheure Summe wenn man sich überlegt wie viele Nachrichten jeden Tag via WhatsApp verschickt werden und wie oft ich gehört habe, dass sich jemand kein Threema zulegen kann oder will, weil es ja Geld kostet (Einmalig 1€).

Zusätzlich zu den bisher genannten "Investitionen". Der Brief ist etwas Besonderes, etwas Persönliches. Er ist keine Nachricht in einem Chat, er ist eine Nachricht die viel mehr besagt als "Hey wie gehts? *zwinkersmily". Sie besagt: Hey, ich möchte wirklich, ehrlich wissen, wie es dir geht. Ich möchte deine Geschichten hören. Ich möchte es so sehr, dass ich mir die Mühe gemacht habe einen Brief zu schreiben der vielleicht nie ankommen oder beantwortet wird, obwohl ich für so etwas eigentlich keine Zeit habe. Ich interessiere mich für dich in allen Details, also schicke ich dir etwas echtes, unbearbeitetes von mir. Austausch auf Gegenseitigkeit. Ungewissheit statt Kontrolle. Freiheit statt Zugzwang. Emotionen statt Emojis. Ich bin für mehr Briefe. Das geschriebene wort die. Für mehr Intimität. Für mehr Persönlichkeit. Für mehr Aufwand. Für mehr Gedanken bevor man etwas versendet. Für ausgewählte Worte. Für Handgeschriebenes. Für das breite Grinsen, wenn man den Briefkasten öffnet. Für mehr Momente des ungewissen Wartens, die einen in den Wahnsinn treiben.

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Friedrich Freiherr von Logau (1604-1655) Wer eine Menge groer Worte gebraucht, will nicht informieren, sondern imponieren. Oskar von Miller (1855-1934) Sprechen- und Schreibenknnen heit freiwerden: zugegeben, dass nicht immer das Beste dabei herauskommt, aber es ist gut, dass es sichtbar wird, dass es Wort und Farbe findet. Friedrich Nietzsche (1844-1900) Keine Chance fr neue Schreiber? In der Dichtkunst ist jeder Gedanke Nachbar eines Gefhls und jede Gehirnkammer stt an eine Herzkammer. Das geschriebene wort translate. Jean Paul Die Dichtkunst ist eine redende Malerei aber die Malerei ist eine stumme Dichtkunst. Plutarch von Chronea (etwa 50-120 n. Chr. ) Die einzig angeborene Eigenheit der Dichtkunst ist Schnheit. Edgar Allan Poe (1809-1849), aus: Die Philosophie der Komposition Edle Lyrik ist das beste Heilmittel gegen die nchterne Unrast jeder Zeit. Aber homopathisch muss sie verabreicht werden Rainer Maria Rilke (1875-1926) Die Wissenschaft ist fr jene, die lernen; die Dichtkunst fr jene, die wissen.

Die Drehbuchautoren finden, dass gesunde Menschen langweilig sind. Sie geben keine gute Story. Auch im echten Leben nicht. Wären sie lieber mit einem Narzissten zusammen oder mit einem Menschen, der sich auch mal Gedanken über seine Rolle als Teil einer Gesellschaft macht? Ganz ehrlich?! Spannender ist A. Aber kann ich die Spannung aushalten? Für die Psyche ist das gar kein Problem. Solidarität – Das geschriebene Wort. Sie ist wie ein geladenes Gewehr. Wenn Gefahr droht, dann scheißt sie. Die Munition ist endlos und bunt. Zynismus, Fatalismus, Fanatismus, Nihilismus… It's magic. Heute gelten Frauen, die keinen BH tragen und sich die Achselhaare wachsen lassen als progressiv. Früher waren Frauen, die keinen BH trugen und sich die Achselhaare wachsen ließen normal. Früher war alles anders, früher war alles besser. Mein Vater fuhr jedes Jahr nach Hamburg. Er hatte dort mit 20 in einem Verlagshaus gearbeitet. Wahrscheinlich gab es deshalb in unserem Haushalt so viele Gegenstände mit nackten, groß- busigen Frauen. Sexueller Reiz war in unserem Haus in Form von Dekorationsartikeln so stark vertreten, dass die Nacktheit schon keinen Reiz mehr hatte und deshalb auch keine Scham mehr auslöste.

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Für mehr Bedeutung in wenigen Zeilen. Und ihr?

Mein Kugelschreiber verharrt über dem Papier. Eine Sekunde, zwei Sekunden, eine Ewigkeit. Als er endlich auf das Papier trifft ist der erste Satz, den ich schreiben kann "Es ist seltsam hier zu sitzen und dir einen Brief zu schreiben". Dabei bin ich eine der wenigen, die tatsächlich ab und an noch Briefe verschickt. An Freunde und Menschen, die ich liebe. Einfach mal wieder auf Papier festhalten, wie viel sie mir bedeuten. Sie überraschen. Ihnen zwischen Rechnungen und Werbung etwas schönes in den Briefkasten zaubern. Aber dieser Brief hier, der ist etwas anderes. Er geht an niemanden den ich besonders gut kenne oder der mich, meine Eigenheiten und meine Art zu schreiben kennt. Er geht an eine fast schon flüchtige Bekanntschaft aus meiner Vergangenheit. Das Warum spielt hier keine Rolle, das Wie ist die wichtigere Frage. Dieser Mensch hat, soweit ich weiß, kein Internet (ich habe tagelang gesucht) und die Handynummer die ich hatte, funktioniert nicht mehr. Das geschriebene Wort - Tasmetu. Kein Wunder, ist ja auch schon ein paar Jahre her.

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